Rugby ist ein knallharter Mannschaftssport. In Südafrika fühlen sich dem auch Frauen gewachsen. Die „Springbok Women“-Mannschaft trainiert jetzt für die Weltmeisterschaft im September 2022 in Neuseeland.
Rugby ist in Südafrika extrem beliebt. Er gehört neben Fußball und Cricket zu den beliebtesten Sportarten des Landes. Seit 2004 gibt es neben der männlichen
Nationalmannschaft, den „Springboks“, die zu einen der besten weltweit zählt, auch die weibliche Nationalmannschaft – die „Springbok Women“. Sie hat ihr Debüt bei der Rugby-Weltmeisterschaft der Frauen 2006 gegeben und hat inzwischen bereits an drei Weltmeisterschaften teilgenommen. Derzeit steht sie auf Platz 15 der Weltrangliste. Obwohl es ein knallharter Sport mit viel Körperein-satz und großer Verletzungsgefahr ist, wird er auch von Frauen mit ebenso großer Leidenschaft und extrem viel Power ausgeübt wie von Männern. Bei der aktuellen Nolusindiso Booi hat der Sport dazu geführt, dass sie ihre innere Stärke gefunden hat. Wir haben mit der 35-Jährigen und der 18-jährigen Nachwuchsspielerin Alichia Arries über die Faszination dieses doch so rauen Mannschafssports gesprochen.
Nolusindiso Booi ist 35 Jahre alt und die Mannschaftskapitänin. Sie spielt seit 2007 in der Rugby-Frauennationalmannschaft und ist nebenbei dabei, ihr Studium in Business Management abzuschließen. Dabei ist sie erst als junge Frau zum Sport gekommen, denn als junges Mädchen, dass im Dorf Trust No 3 in Middledrift am Ostkap aufgewachsen ist, wusste sie nicht mal was Rugby ist. Dort wurde hauptsächlich Cricket gespielt. Erst im Studium der Betriebswirtschaftslehre an Cape Peninsula University of Technology in Kapstadt, hatte sie mal aus Spaß an einem Trainingslager in Port Elisabeth teilgenommen. Seitdem hat sie die Begeisterung für den Sport nicht mehr losgelassen. und sie war sofort Feuer und Flamme. „Rugby ist ein fantastischer Sport, bei dem man sein Potenzial erkennen und sich als Einzel- und Mannschafts-spielerin entwickeln kann“, sagt sie. Von da an, war es Nolusindsios Traum, eines Tages im Team der Springbok-Frauen zu spielen.
„Die wichtigsten Lektionen, die mir Rugby auf dem Feld beigebracht hat, sind der Wert von Disziplin und harter Arbeit und abseits des Feldes die Bedeutung von guten Beziehungen zu meinen Teamkolleginnen“, sagt sie.
Mehr Selbstbewusstsein durchs Rugbyspielen
Durch den Sport hat sich Nolusindiso komplettes Leben verändert. Die 35-Jährige hat ihre innere Stärke gefunden, die sie heute zu dem macht, was sie ist.
Das macht sie und auch ihre Eltern Sindiswa Booi und Mzuzu Quma sehr stolz. Regelmäßig kommen sie und ihre Freunde heute zu ihren Spielen, um sie anzufeuern.
„Rugby hat mich aus meiner schüchternen Lebensweise herausgeholt und mir geholfen, eine wahre Version meiner selbst zu werden“, sagt Nolusindiso.
Die Spielerinnen, erzählt Nolusindiso, kämen aus dem ganzen Land, unter anderem aus East London, Port Elizabeth, Kapstadt, Durban und ein paar anderen Orten. Sie kämen mehrfach im Jahr zusammen, um in Trainingslagern und Turnieren zu trainieren. Das Haupttrainingslager sei in Stellenbosch. Derzeit würden sie noch bis Ende März für die Weltmeisterschaft im September in Neuseeland trainieren.
„Wir arbeiten im Fitnessstudio und auf dem Feld hart an uns, um unsere Fähigkeiten und Kondition zu verbessern und haben als Gruppe gute Fortschritte gemacht“, berichtet Nolusindiso begeistert.
Frauenrugby wird immer populärer
Die Spielerinnen seien zwischen 20 und 30 Jahren alt. Manche Frauen, sagt sie,
würden Vollzeit Rugby spielen, andere verfolgten noch einen Haupt- oder Neben-job. Aber sie sagt auch, dass große Schritte unternommen wurden, um Spielerinnen unter Vertrag zu nehmen, beispielsweise bei den Springbok Women's Sevens Team. Zwischen 2014 bis 2020 wurden hier viele zu professionellen Spielerinnen gemacht.
„Frauen-Rugby ist noch eine junge Sportart in Südafrika, daher gewinnt das Team stetig an Medienpräsenz und Popularität im Land. Allerdings liegen wir noch weit hinter der Popularität der Springbok-Männermannschaft zurück“, schildert sie.
Rivalitäten zwischen der Rugby-Männermannschaft und den Frauen gebe es keine, weil sie eben unterschiedliche Teams seien. „In der Tat stehen die Männer wirklich hinter uns“, sagt sie. Die Spieler von dort, hätten sie sogar unterstützt und Trainer von der Männermannschaft, bei einigen ihrer Trainingseinheiten mitgeholfen.
Nachwuchsspielerinnen werde im Rugby natürlich unterstützt. „In den meisten Provinzen Südafrikas gibt es Clubmannschaften, in denen Juniorinnen aktiv am Sport teilnehmen“, erzählt sie. 2019 wurde die südafrikanische U20-Mannschaft ins Leben gerufen, die 2019 drei Länderspiele gegen Simbabwe gespielt und alle gewonnen hat. Darüber hinaus, gebe es sogenannte „Women's Youth Training Centres“ und nationale Wettbewerbe für Mädchen unter 16 und unter 18 Jahren als Teil des SA „Rugby Youth Week Programms.“
„Um Rugby zu spielen, erfordert es definitiv Kraft, Ausdauer und eine starke
Arbeitsmoral. Es erfordert außerdem eine immense mentale Stärke und die Fähigkeit, niemals aufzugeben. Auch der Respekt vor den Mitspielerinnen und Gegnerinnen ist wichtig“, sagt die Kapitänin.
Wenn sie Frauen einen Rat mitgeben müsste, um ihre Ziele zu verfolgen, wäre es der, ihr Bestes zu geben, hart zu trainieren, alles mit Humor zu sehen, bereit sein zu lernen und korrigiert zu werden.
„Für mich persönlich bedeutet es, eine Frau zu sein, ich selbst sein zu können und niemals Angst zu haben, meine Gedanken äußern zu können und hart zu arbeiten oder für das zu kämpfen, was ich erreichen möchte“, sagt sie.
Nachwuchsspielerin mit Frauenpower
Die 18-jährige Alichia Arries, die aus Kraaifontain bei Kapstadt kommt, spielt seit einigen Jahren begeistert Rugby.
Derzeit ist sie in ihrem letzten Jahr an der Bernardino Heights High-School. Danach möchte sie Sportwissenschaft oder Sportmanagement studieren, weil sie wirklich sportbegeistert ist.
„Es ist meine Leidenschaft und ich würde gerne meinen Lebensunterhalt damit verdienen“, sagt sie. Alichia hat am Mädchen-Hochleistungscamp auf U18-Ebene teilgenommen und wollte eigentlich in die südafrikanische U20-Frauenmannschaft mitspielen, was aber aufgrund einer Verletzung nicht mehr geklappt hat.
Meine Rugby-Karriere begann, als ich einen Trainer traf, der mein Talent und Potenzial erkannte. Er lud mich ein, mit einigen Mädchen zu trainieren, um den Sport kennenzulernen. Nachdem ich mich ihnen angeschlossen hatte, verliebte ich mich in Rugby und der Sport wurde meine Leidenschaft.
Glücklicherweise kannte ich dort schon einige Mädchen. Damals war ich 15 Jahre alt, wurde in diesem Jahr 16. Während meines ersten Rugbyspiel habe ich das Schlüsselbein gebrochen. Ich musste mich erholen und ein Jahr lang aussetzen. Im darauffolgenden Jahr konnte ich auf das Spielfeld zurückkehren. Meine größte Herausforderung war bisher, mich nach dieser lang Zeit wieder zu erholen und es zurück aufs Spielfeld zu schaffen.
„Meine Mutter wollte nicht, dass ich Rugby spiele, weil sie Angst hatte, dass ich mich verletze und sie kein Fan von Mädchen-Rugby im Allgemeinen war“, sagt sie.
Keine Angst vor Verletzungen und Kämpfen
Trotzdem nahm sie an den Trainings teil. Ihre Mutter legte die anfängliche Skepsis ab und wurde später sogar ihre größte Unterstützerin. Ihre Freunde wurden ebenfalls Fans und schauten sich Spiele mit ihr an. Am Sport fasziniere sie vor allem die Leidenschaft, die die Spielerinnen für Rugby aufbringen würden. Heute trainiere sie zweimal wöchentlich im Bellville High Performance Centre in Kapstadt.
„Alle Rugby-Spielerinnen sind engagiert, hingebungsvoll und diszipliniert, und sie arbeiten vor allem als Team zusammen“, erzählt sie.
Wer Rugby spielen möchte, sagt sie, dürfte vor allem keine Angst beim Spiel und vor möglichen Verletzungen haben, da es bei diesem Sport häufig hart zur Sache gehe. In Südafrika, erzählt sie 18-Jährige, sei der Sport populärer als Fußball, aber der Frauennationalmannschaft wurden noch zu wenig Beachtung geschenkt. Eine der Herausforderungen in der Vergangenheit sei gewesen, dass es nur begrenzte Möglichkeiten für Frauen gab, diese Sportarten auszuüben, da sie traditionell als Männersportarten angesehen wurden.
„In den letzten Jahren hat Frauen-Rugby daher hauptsächlich hinter den Kulissen stattgefunden und er war nicht sehr sichtbar. Ich persönlich habe das Gefühl, dass viele Leute das Frauen-Rugby unterschätzt haben. Die Dinge ändern sich, da Frauen-Rugby wächst und viel sichtbarer ist als früher, und die Leute das Potenzial sehen“, meint sie.
Einen guten Rat, den sie bekommen hat ist, dass man in sich in einer Position halten oder noch härter anstrengend muss, um an der Spitze oder Führung zu bleiben. Sich als Frau zu behaupten, gelänge nur mit viel Macht und Stärke.
Ihre Pläne für die Zukunft seien, Sportwissenschaft oder Sportmanagement zu studieren, so lange wie möglich Rugby zu spielen und ihr Spielniveau verbessern.
Heißer Tipp: Der „Rugby World Cup 2022 der Frauen“ wurde corona-bedingt kürzlich von Oktober 2021 auf 2022 verschoben. Mehr Informationen, zum Beispiel zu allen Mannschaften und Spielplänen, gibt es auf www.rugbyworldcup.com/2021
Kommentare